Mimesis (künstlerischer Ansatz)

Μíμησις, 1998, 30 x 90 cm, Öl auf Leinwand, Verkauft

Das Chamäleon wurde nicht zufällig gewählt: Künstler, wo bist du?

Meine Arbeit betrifft die μíμησις (mimesis), das heisst Imitation, Mimikry, Mimik, Nachahmung, Reproduktion, Kopie usw., all die möglichen Übersetzungen oder Ableitungen des griechischen Begriffs. Dieser bezieht sich auf μíμoς (mimos), Narr oder Hanswurst. Das Bild Μíμησις leitet mein Programm ein.
(Zum Bild)

Hat eine eher traditionell beschaffene Ölmalerei im Zeitalter der medialen Überwucherung überhaupt noch einen Sinn? Handarbeit kann kaum die heutige Technik konkurrieren; sogar Fotografie scheint etwas antiquiert im Vergleich mit den Computeranimationen der Kinoindustrie. Dies ist nicht alles: wie schon Marcel Duchamp bemerkte, „Öl auf Leinwand“ ist heute immer zwangsläufig ein Readymade, weil der Künstler keine Kontrolle über seine Rohstoffe – industriell erzeugte Farben – hat.

Der Künstler kann somit seine Aufmerksamkeit ganz der Materialität der Malerei widmen, mit verschiedenen Techniken arbeiten, den Pinselstrich, die Dicke, den Glanz oder die Mattheit, kurz gesagt das Malerische hervorheben. Was soll aber der Realismus? Gewiss male ich einfach gern. Leider reicht dies nicht mehr als Basis einer nicht all zu einfältigen Kunstpraxis (Duchamp kämpfte schon gegen einen in der französischen Sprache geläufigen Spruch „bête comme un peintre“ – „dumm wie ein Maler“). Ölmalerei, diese obsolete, altmodische, gar unzeitgemässe Technik, könnte dennoch die durch andere Medien produzierten Bilder entfremden. Eine Fotografie malen erlaubt es, die Distanz zwischen der Darstellung und den Gegenstand sichtbar zu machen, ganz anders als bei der Fotografie selbst, die die Realität direkt zu erfassen scheint.

Bei dieser Entfremdung der Fotografie (sowie von anderen Techniken: ich benutze auch EDV-Manipulationen, Internet, usw.) kommt die Malerei selbst nicht ganz unversehrt davon. Die Idee, überhaupt Fotos gewissenhaft zu malen, scheint ein wenig grotesk, dies stört mich aber gar nicht. Ganz im Gegenteil, ich fände Ernsthaftigkeit geisttötend.

Offensichtlich kann Malerei nicht als Rivalin der Fotografie oder anderer zeitgenössischen Darstellungstechniken betrachtet werden. Damit wäre der Gipfel der Lächerlichkeit erreicht! Doch durch eine bestimmte technische Qualität kann ich den Gemeinplatz, alle wären zu moderner Kunst fähig, widerlegen.

Meine Bilder sind nie eine Nachahmung der Natur, die schon seit langem Kunst nachmacht. Ihre Heimat ist die unendliche Welt der Bilder. Codes, Klischees der Kunstgeschichte oder der Massenkultur, geometrische Gegenstände, all dies dient mir als Rohstoff.

Bilder, die in meinen Augen an sich problematisch sind, werden auf verschiedene Weise dekliniert. Vervielfachungen, Serien, Verdoppelungen, Negative, Nebeneinanderlegen von gegensätzlichen Darstellungsweisen, Kontraste von Ordnung und Unordnung… Spiele mit dem Massstab, diskrepante Klassifizierungen oder Legenden sind die Werkzeuge, um eine Abweichung im Kern der Darstellung einzuführen.

Wie erwähnt geht es um Spiele, also um eine verspielte, lust- und genussvolle Kunst, zum Teilen mit den Zuschauenden. Sie sollte aber auch eine Einladung zum Nachdenken sein.

Bei diesem Spiel leben manchmal mehr oder weniger unzusammenhängende Elemente im selben Werk zusammen. Die deplacierten Bestandteile sollen eine Krise im Bild – oder ein kritisches Bild – produzieren. Die Kritik resultiert nicht unbedingt aus einer modernistischen Reduktion auf Materialien oder Grundelemente der Malerei oder der Kunst im Allgemeinen. Vielmehr wird sie durch kleine subversive Eingriffe erzeugt (ein kleiner Goldfisch betrachtet eine Vanitas auf dem Meeresboden).

Jedes Werk ist so zu sagen das Resultat des Bilderstreits. Als Bilderverehrerin „rette“ ich die Bilder, in dem ich die bilderstürmerische Gewalt im Voraus darin einsperre; diese verschwindet jedoch nicht.

Manchmal untersuche ich die Grenzen der malerischen Darstellung im engeren Sinne. Das Bild lässt den Buchstaben Platz, dann verschwinden auch diese, um auf das Unvorstellbare, auf den Tod hinzuweisen. Manchmal mache ich Anspielungen auf die Zensur, die immer mehr oder weniger zur μíμησις gehört.

Andere Marotten, wie Gespenster, Doppelgänger, Entmaterialisierungen begleiten manchmal eine stereotypische realistische Darstellung.

Schlussendlich passiert es mir, eigentliche Readymade zu fertigen; mir ist jedes Mittel recht.

Schreibe einen Kommentar